Keine Ahnung, warum ausgerechnet dieses Jahr. All die Jahre zuvor hat mich dieser Fisch zwar immer wieder beeindruckt, aber nicht wirklich interessiert, obwohl ich mit Unterbrechungen seit 1997 quasi am Huchen wohne, in München, wo sich die Monster jedes Jahr zum Poppen mitten in einer Millionenstadt treffen. Inzwischen bin ich davon überzeugt, daß mich mein erster größerer Lachs (siehe alten Blogeintrag) auf den Geschmack gebracht hat. Dieses Gefühl, das mir dieser „Brocken“ am anderen Ende der Leine Verlustängste macht, das wollte – und sollte - wiederkehren.
Zufällig waren wir vor ein paar Jahren im Herbst an der Sava zum Fliegenfischen. Unser Gastgeber, Emil Pintar, erzählte uns dabei von der Winterfischerei auf Huchen.
„You have to come.“
„Yes, yes of course.“
„You will see, it's fantastic.“
„Yes, we will see... for shure... maybe...“
Auf’s Wiedersehen.
Schnitt. Ring Ring. Hallo? Wann? Ok! Gebongt. Klick. Fliegen bei Mario in den digitalen Einkaufswagen. Gummifische und Wobbler beim analogen Händler ins Einkaufskörbchen. Und eine wüste Mischung aus Fertigfutter, Süßkram und Alkohol beim analogen Lidl in den analogen Einkaufswagen. Uff.
Die Sava Bohjnika flußaufwärts. |
Tag 1. Freitag. 6 Uhr. Ab dafür. Salzburg, Villach, Karawankentunnel, zack rechts raus Bleder See. Wer heiraten will wie im Märchen ist hier richtig. Zauberschlösschen im Glitzersee. Will ich nich. Will Huchen. Keine 3 Kilometer weiter: Emil. Grinsend. Einfach nur saumäßig nett. Umarmung wie gestern. Kaffee und Kekse. Kurze Lagebesprechung. Bedingungen sind ok. Wasserstand gut. Ein bißchen kalt. -6 bis -7°C. Anfangs klar, dann zunehmend bewölkt mit Schneefall. Perfetto. Um halbzwölf raus ans Wasser. Mit Fliege und Spinne.
Emil der Guide. Schaut für Dich hinter Stock und Stein. |
Emil, ein begnadeter Nymphenfischer, fischt nur mit der Spinnrute auf Huchen. 2,40 m, 80-120gr Wurfgewicht. Die Sava ist klein. Die Huchen werden im Gegensatz zu anderen Flüssen nicht gaaanz so groß. Da will man was spüren.
Wir steigen an einer Brücke ein, hinab zur wildromantischen Sava. Türkisblaues Wasser. Mächtig tiefe Löcher und Gumpen mit großen Steinen wechseln sich ab mit langen ruhigen Pools und flachen Kiesbänken.
An solchen Steinen unterhalb von Schnellen hängt er gerne ab, der Herr Huchen. |
Doch der „Fly Guy“ ist ganz schnell gar nicht mehr so fly. Seine wunderschöne, 15cm lange Äschenfliege gibt alles, doch muss sich schon bald geschlagen geben. Hinter ihr nur Wald. Rollwurf unmöglich. Und bevor die Fliege auch nur eine Bahn gemacht hat, hat sie sich dank des eiskalten Wassers zwischen ihren Haaren in der klirrend kalten Luft zu einem netten kleinen Flugklumpen verwandelt. Ein netter kleiner Flugklumpen an einem langen weißen, hauchdünnen Stock, denn man in wärmeren Gefilden klar als Flugleine erkennen würde. Also Spinne für den Rest der Zeit. Der Guide grinst.
Äschen Sorbet. |
Am ersten Tag liegt noch wenig Schnee, der Fluss ist einigermaßen gut zu begehen. Keinen Fuß ins Wasser setzen, das ist das freundliche aber klare Kommando. Ruhe. Der Huchen ist sensibel. Also reden wir nur auf den Strecken zwischen den Standplätzen der Fische; er leise, ich schnaufend laut. Von wegen Fit for Fun. Emil kennt das Wasser wie aus der Westentasche. Und vermutlich jeden Huchen. Fehlen nur noch Namen für die Kameraden. Denn weil der Fisch standorttreu ist und weil fast alle der Clubmitglieder beim Huchenfischen C&R praktizieren, wissen sie haargenau, wo welcher Huchen wohnt und wie groß er dieses Jahr ist. Z.B. der da. 1,02 m. Warum? Weil er letztes Jahr gefangen wurde und 1,01m maß. Nur kleine Huchen wachsen schnell. Ab einem Meter geht’s sehr langsam.
Während ich mich mal wieder aus dem Schnee befreie, spottet Emil einen Huchen. |
Emil spottet am ersten Tag drei Huchen. Wo? Da. Was wo? Na da. Ich seh nix. Da vor dem Stein. Ach, der Stein? Nein, der Huchen vor dem Stein. Das ist ein Huchen? Ja. Uih. Großer Stein. Doch nichts passiert. Alle drei Fische, zwischen 80 cm und über einem Meter, reagieren nicht. So ist der Huchen, erklärt mir Emil. Hockt sechs Tage die Woche in seinem Loch, regt sich nicht und zieht dann am siebten Tag los, um sich die Wampe vollzuschlagen. 200 Meter hoch, 200 Meter runter. Dann kann er überall sein. War er auch. Nur nicht am Haken. Auch die letzte halbe Stunde in völliger Dunkelheit, die beste Zeit für den nachtaktiven Fisch, brachte keinen Biss. Zeit für ein Bier und ein gutes Gespräch mit Emil im Appartment (tiptop). Über den Angelverein, den Krieg, in dem alles was Flossen hatte mit allem was Feuern konnte aus dem Fluss geballert wurde. Ihre Arbeit für diesen traumhaft schönen Fluss. Und natürlich über den Huchen.
Fehlen nur noch die japanischen Makaken beim Baden. |
Tag 2. 9 Uhr ans Wasser. Über Nacht hat es 30 cm Neuschnee hingelegt. Was märchenhaft aussieht, entpuppt sich als ein kleiner Alptraum. Mein Simms River Shed sind alles andere als schneetauglich. Während Emil in seinen Chameau-Watstiefeln leichtfüßig vorausblickt, wirft sich Oku alle paar Meter unfreiwillig in Deckung. Und damit sich das Fluchen dann auch wirklich lohnt, hat sich der Schnee trügerisch über glatten Stock und Stein gelegt. Äste, Löcher, Eisplatten und Moosdecken lauern unter dem Schnee und bringen Emil dazu, ernsthaft zu erwägen, mich erst gar nicht mehr an manche Stellen zu führen. Ich kontere mit einem großen Schluck französischen Apfelsaft mit 40%.
Wie am Vortag fischen wir uns über mehrere Stunden gerade mal ein paar hundert Meter den Fluß hoch. Emil fischt auch mit Gummifisch und Wobbler grundsätzlich flussauf. Es ist bei diesem kleineren und sehr klaren Fluß sehr viel unauffälliger. An manchen Stellen stippt man wie am Bergbach mit der Nymphe in tiefe Gumpen und Kehren rein – allerdings mit einem mächtig schweren Gummifisch. Wo das hinführen kann, zeigt ein Film auf Emils Website.
Und auch am zweiten Tag spielen wir natürlich wieder das „Da! Wo? Na da!“-Spiel. Abzüglich der sechs Huchenmodels an der großen Brücke (sehen gut aus und stehen blöd rum) spottet Emil sechs Huchen.
Und wenn man dann mal erleben darf, wie ein Meterhuchen 10 Meter vor einem plötzlich deinem Wobbler hinterher geht, dann vergisst man ganz schnell den schmerzenden Hintern. Doch er beisst nicht zu. Gegen Nachmittag darf ich dann den ersten richtigen Biss spüren. Ein harter Schlag, das war’s. Noch auf dem Weg zurück beruhige ich Emil, der wirklich alles daran setzt, mir meinen ersten Huchen zu bringen. Kein Fisch aber eine klare Entwicklung. Am ersten Tag keine Bewegung, am zweiten Tag zwei Nachläufer (ein kleiner 60er wuselt noch aufgeregt um meine Äschenflieger herum), und am dritten Tag geht’s dann ab. So meine These. Emil scheint einverstanden mit dem Plan.
Ein paar gelangweilte Huchenmodels am Tresen. |
Und wenn man dann mal erleben darf, wie ein Meterhuchen 10 Meter vor einem plötzlich deinem Wobbler hinterher geht, dann vergisst man ganz schnell den schmerzenden Hintern. Doch er beisst nicht zu. Gegen Nachmittag darf ich dann den ersten richtigen Biss spüren. Ein harter Schlag, das war’s. Noch auf dem Weg zurück beruhige ich Emil, der wirklich alles daran setzt, mir meinen ersten Huchen zu bringen. Kein Fisch aber eine klare Entwicklung. Am ersten Tag keine Bewegung, am zweiten Tag zwei Nachläufer (ein kleiner 60er wuselt noch aufgeregt um meine Äschenflieger herum), und am dritten Tag geht’s dann ab. So meine These. Emil scheint einverstanden mit dem Plan.
Was vom Tage bleibt, sind deutliche Bissspuren im knallharten Wobbler, die Emil dann später im selbstgebauten Fischerhaus des Clubs mit den anderen Huchenfischern ausführlich bespricht. Ein netter Haufen.
Im Fischerhaus von Bohinjska Bela. |
Erwähnenswert an diesem Bild sind die niedlichen weißen Schneehäufchen im Vordergrund. Lebensgefährlich. |
Tag 3. 8 Uhr. Strahlend blauer Himmel. Emil hatte es am Vorabend bereits angekündigt. Ein Temperatursturz auf -13°C verzögert den Anfang. Um 10 Uhr gehen wir dann los. Nur noch -11°C. Geht doch. Der dampfende Fluss ist atemberaubend schön und zum Glück hat sich der Schnee etwas gesetzt. Fehltritte und Umfaller sind nicht mehr meine Hauptbeschäftigung. So fischen wir uns den Fluß hinauf, als es tatsächlich passiert. Der Wobbler, den Emil noch vor 5 Minuten mit einem langen Ast gekonnt von einem Stein gelöst hat, hängt plötzlich an einem Huchenmaul. Noch während ich den Wobbler zupfe, ruft Emil, der leicht oberhalb von mir am Hang steht „Huchen! Huchen!“
Und dann sehe ich ihn 5 Meter vor mir, den hellen Bauch, der sich gerade an mir vorbei den Fluß hinab wälzt. Ein Softtake. Er versucht, den Wobbler abzuschütteln. Ich schlage zweimal an. Der Huchen kommt an die Oberfläche und wälzt sich in der für ihn typischen Manier. Emil schickt mich hinterher. Flatsch, flatsch. Fast schon behäbig schlägt er immer wieder wie ein Alligator mit dem Kopf und windet sich. Ich folge ihm uns sehe, was Emil gerade ruft: „Whoouww! One meter! More than one meter!“ Der Fisch geht ein Stück, dann kann ich ihn halten. Langsam führe ich den Fisch kopfvoraus in eine kleine Tasche zwischen Steinen und taile ihn. Zitternd. Meine Freude ist unbeschreiblich. Das Grinsen soll noch Stunden später da sein. Ein hochrückiger Milchner. Was für ein Fisch!
Was für ein Schädel. Wunderschön gepunktet mit rötlichem, maronebraunem Rücken zum Schwanz hin. Emil misst ihn. 102 cm. Geschätzte 10 bis 11 kg. Ich löse den Wobbler und stelle den Huchen in die Strömung. Er erholt sich langsam. Noch ein Kuss. Dann steht er. Und geht. Emil und ich grinsen um die Wette. Bumm zack Flachmann. Ich kann mein Glück nicht fassen. Mein erster Huchentrip. Am letzten Tag. Ein Fisch über einen Meter. Aus meinen Ärmeln trieft das eiskalte Wasser. Ich bin einfach nur am Grinsen. Emil, mein unermüdlicher Guide mit den scharfen Augen, will weiterziehen. Doch ich entscheide mich zum Abbruch. Was soll noch passieren? Noch ein Huchen? Noch größer? Mein Glück ist an diesem Tag kaum mehr steigerbar. Ich will es genießen. Das mache ich dann auch. Ich packe gemütlich meine Sachen, steige ins Auto und fahre zurück nach München. Mit einer Partagas in der Gosch.
Und dann sehe ich ihn 5 Meter vor mir, den hellen Bauch, der sich gerade an mir vorbei den Fluß hinab wälzt. Ein Softtake. Er versucht, den Wobbler abzuschütteln. Ich schlage zweimal an. Der Huchen kommt an die Oberfläche und wälzt sich in der für ihn typischen Manier. Emil schickt mich hinterher. Flatsch, flatsch. Fast schon behäbig schlägt er immer wieder wie ein Alligator mit dem Kopf und windet sich. Ich folge ihm uns sehe, was Emil gerade ruft: „Whoouww! One meter! More than one meter!“ Der Fisch geht ein Stück, dann kann ich ihn halten. Langsam führe ich den Fisch kopfvoraus in eine kleine Tasche zwischen Steinen und taile ihn. Zitternd. Meine Freude ist unbeschreiblich. Das Grinsen soll noch Stunden später da sein. Ein hochrückiger Milchner. Was für ein Fisch!
Ein Traum. |
Ankündigung: Weil wir ja alle voll 2.0 sind, gibt's das Ding auch auf Film. Bald bei The Fly Guys.
Bohinjska Bela ist von München aus schnell in nur vier Stunden zu erreichen. Der Flughafen Ljubljana ist keine 40 km entfernt. Emil Pintar hat zwei picobello Apartments für Selbstversorger im Haus. Die Kosten sind niedrig. Die Gastfreundschaft riesig. Gemütliches Gasthaus zum Essengehen gibt’s im Örtchen. Die Angellizenz kostet 40 Euro am Tag, dafür darf man in der C&R-Zone fischen. Wer einen Huchen mitnehmen will, fischt in einer anderen Zone und zahlt 100 Euro am Tag. Guiding ist für’s Huchenfischen Pflicht und kostet absolut lohnenswerte 100 Euro. Alles Weitere findet ihr auf Emils Website.
1000 Jahre Neid!!!
AntwortenLöschenCongrats zum Fisch, der Bericht hat Spaß gemacht.
Gruß
Miran
Mehr nich...
AntwortenLöschenSpässle g'macht. Klasse Dein Bericht, Deine Schreibe gefällt mir und der Fisch ist phänomenal.
Petri Heil!!!
Tight lines and dry socks
Sven Ostermann
Wenn 1000 Jahre Neid da mal ausreichen! Alter, was'n Fisch. Verdammte Hacke!
AntwortenLöschenWahnsinns Fisch. Herzlichen Glückwunsch! Und danke für den schönen Bericht. So hatten wir auch was davon :)
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