Diesen Titel von RD Prechts philosopischer Reise kommt einem in den Sinn, wenn man im FliFiForum einen recht interessanten Dialog über Sinn und Unsinn der AFTMA-Klassifizierung und möglicher Alternativen zur Rutenklassifizierung liest (auch wenn der Thread vom Herbst letzten Jahres ist).
http://www.fliegenfischer-forum.de/flyfishing/ruten-klassen-und--aktion-ab--und-bestimmung-t260747.html
Ausgangspunkt der Diskussion ist eine Meßmethode zur Bestimmung der faktischen physikalischen Eigenschaften von Carbon-Blanks, um den Käufern mehr und bessere Informationen zu bieten, als schwammige Begriffe wie "schnell" oder "medium".
Eine gute Absicht, weiß doch jeder Fliegenfischer, daß jede Rute mit jeder Schnur, jedem Wurftstil und jedem Fischer ein anderes Wurfergebnis erzeugt. Faktisch wie gefühlt.
Das Lustige daran: an genau dieser - von allen geteilten - Erkenntnis erhitzen sich die Gemüter und teilen sich die Lager.
Denn die Einen sagen "Lasst uns endlich beginnen, das unsaubere, pimaldaumen-Prinzip der AFTMA-Klassen zu verbessern, überarbeiten, ändern, beenden. Mit einem Prinzip, das auf Fakten beruht und nicht auf Gefühl."
Und die Anderen sagen "Was soll's, AFTMA is ne reine Schnurklassen-Einteilung und is eh nur bedingt tauglich zur perfekten Kombination von Schnur und Rute. Das muss man sich einfach nach dem Trial&Error-Prinzip erwerfen. Außerdem sind exakte Bestimmungen so kompliziert, daß sie dem Ottonormalfischer eh nicht mehr sagen und sowieso und überhaupt keine aussagekräftigen Informationen liefern, weil sie in keinem Verhältnis zu ihren eigenen Erfahrungen stehen".
Auftritt von Links: die berühmte Schwarze Katze, die sich in den eigenen Schwanz beißt.
Wenn man nicht endlich anfängt, saubere Aussagen über die Ruteneigenschaften zu machen (in Form von Werten wie Schnurgewicht, Ruten-Power, usw), dann werden wir uns noch ewig mit den wachsweichen Angaben der Hersteller zufrieden geben müssen. Man kann doch nicht in einem Atemzug neue Kriterien fordern und sie sogleich ablehnen, weil sie noch keiner versteht.
Natürlich bin ich weit davon entfernt als physikalischer Vollpfosten die Arbeit von Laverda (hier die Website mit der Messmethode: http://www.flyran.de/39994.html) voll zu durchschauen, aber mein gesunder Menschenverstand sagt mir: Wenn die Rute das Mittel ist, mit dem ich meine Schnur und damit Fliege ans Ziel bringe, dann würde ich gerne wissen, welche Eigenschaften sie hat, um darauf meine anderen Mittel abzustimmen. Und genau diese Informationen verweigern einem die Rutenhersteller (Bis auf besagtes Beispiel von Scierra, mit den Grammzahlen für das Schnurgewicht, das übrigens bei allen anderen Angelrutenarten seit jeher das Maß der Dinge ist). Doch genau diese Kennzahlen kann einem die flyran-Methode meines einfachen Erachtens nach liefern. Schiere Zahlen, die den Fliegenfischern (mit der Zeit) klar sagen, was sie von der Rute erwarten können (wieviele Zahlen das dann sind, um nicht überfordert zu sein, ist eine nachgeordnete Frage).
Und von welchen Werten ich dann ausgehe, ist allein eine Frage des Geschmacks, des Stils oder der Art, wie ich fische. Ob ich meine logische Entscheidungskette dann bei der Rute beginne oder ob ich das Pferd von hinten her aufzäume, wo die Fliege brummt, ist letztenendes Überzeugungssache.
Für den Sinn solch eines Ansatzes wie FLYRAN gibt vielleicht auch noch andere Gründe: die Art, wie die Blanks heute in Asien produziert werden, wie sie von westlichen Marken und Händlern verarbeitet werden und wie sie aus dieser Lieferketten-Problematik heraus beworben werden. Nämlich mehr schlecht als recht. Dazu ein Beispiel:
Es kostet einen 5 Minuten und ein paar Mails, um herauszufinden, daß die meisten asiatischen Lieferanten (z.B. aus China) ihre Ruten mit den immer selben Kennzahlen bewerten (wenn ich das richtig verstanden habe. Falls nicht, freue ich mich über Aufklärung). Entweder sie nennen den Druck, mit dem die Prepregs für die Ruten erstellt worden sind, also 24, 30, 36 oder 46 T. Oder sie nennen Modulus-Klassen (IM oder HM), mit denen das Verhältnis von Rutensteifigkeit zu Gewicht beschrieben wird. Z.B. 6, 7 oder 8. Keine Ahnung, wie das nun genau funktioniert. Manche der Hersteller schreiben seit neuestem IM"12" hinter ihre Ruten, was bei richtigem Verständnis der Sache zum sofortigen Bruch durch schieres Anschauen führen müsste, weil die Rute so steif sein müsste, daß sie kaum noch sitzen kann. Das liest und verkauft sich wohl besser. Das ist an dieser Stelle aber auch nicht wichtig. Denn worauf ich hinaus will, ist:
Selbst die Produzenten der Ruten, die vermutlich von vielen westlichen Marken und Pseudomarken als das Ergebnis ihrer "langjährigen Forschung und Entwicklung" verkauft werden, geben einem keine genaue Information darüber, welche Kennwerte und Qualität - z.B. der verwendeten Kohlefaser und ihrer Verarbeitung - ihre Ruten haben.
Wie also sollen die "Verkäufer" das wissen?
Die einen Produzenten sagen "pfff och also äh 6, 7 oder 8". Die anderen sagen: "Ja also, pfff, 24t, 36t oder46t?" Wobei ich diesen Tonnenwerten zumindest noch ansatzweise folgen möchte, weil mehr Druck härteres Material erzeugt, das dünner und dichter ist, womit der Umfang der Rute und auch ihr Gewicht geringer wird, weil durch die gesteigerte Dichte ja weniger Kunstharz in die Matten einsickern kann, was die Progressivität der Rute steigert und die Übertragung der Energie beim Werfen wiederum verbessert, dadurch aber auch zu einer höheren Bruchgefahr führt. Uffz. Hoffe, meine Schlussfolgerungen waren korrekt.
Vielleicht dreht sich bei der Frage nach der Anwendbarkeit der FLYRAN-Methode aber auch alles um eine simple Frage:
Wenn der einfach Konsument keinen Ärger macht und nicht wissen will, was er kriegt, warum soll die Industrie dann unter Einsatz von sehr sehr viel Geld und Zeit versuchen, eine Welt zu verbessern, die 99% gut finden, weil sie nicht wissen, daß es besser geht?
Oder um es mit einer Marketing-Frage zu formulieren: Verkauft das eine Rute mehr?
Wie im Thread auf dem FliFiForum angesprochen: der US-Markt macht den Weltmarkt. Und der US-Amerikaner mags gern einfach und unkompliziert. Da sind wir Deutschen ein wenig anders. Kein Wunder, daß solche Ideen wie FLYRAN ausgerechnet hier aufkommen - im Land der Dichter&Denker, der Tüftler&Ingenieure.
Laverda, egal wie es weiter geht: alleine die Absicht ist schon weitaus besser, als das meiste, was da draußen gefachsimpelt wird. Ganz zu Schweigen von Deiner Idee. ;-)
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